Konzertkritik

 

Ein heißer Abend in der Wandelhalle

 

Fränkische Nachrichten am 28. Juli 2003

Das kleine Hauskonzert / Werk forderte in hohem Maße Virtuosität und Engagement der Musiker

Bad Mergentheim. Die Zuhörer haben sich "nur" für ein Kammerkonzert für Klaviertrio vorbereitet, es herrscht aber eine gewisse Spannung im Raum. Nachdem alles still wird, kommen die Musiker: Volker Burkhart, Violine, Birgit Förstner, Violoncello und Christoph Weinhart, Klavier. Wie man aus dem Programm entnehmen kann hat sich das Klaviertrio "Georg Schumann" 2001 anlässlich eines Konzerts zum Angedenken des gleichnamigen Komponisten in Berlin gefunden.

Während die Instrumente gestimmt werden wirft man noch einmal einen letzten Blick ins Programm - Klaviertrio op. 1 Nr. 3 in c-Moll von Ludwig van Beethoven - und dann wird nur noch tief eingeatmet... Es ist hinreichend bekannt, dass Beethoven gerade der Tonart c-Moll seine dramatischsten Einfälle anvertraut hat. Dieses Klaviertrio nutzt als 3. Werk einer Gruppe die bisher weitgehend ausgesparten Ausdrucksregionen des Düsteren, Tragischen und Wilden auf eindrucksvolle Weise. Im ersten Satz Allegro con brio bleiben die Konturen des Sonatensatzes immer erkennbar trotz virtuoser Umspielung und Variierung des Themenmaterials. Das nachfolgende Andante cantabile con Variationi sorgt für die nötige Entspannung.

Das liedhaft schlichte Thema wird fünf mal sehr frei verändert zu einer phantasiereichen und lebendigen Konversation zwischen den Musikern. Ab und zu ist dem Klavier der tragende Part zugedacht, was Christoph Weinhart meisterhaft umsetzt in cantables Pianospiel. Aber auch wenn er die einander imitierenden Streicher begleitet unterstützt er deren von hoher Sensibilität geprägten Dialog bis zur ruhig ausklingenden Coda. Mit leicht hingeworfenen Tonleitern und Dreiklängen lichten die Musiker das c-Moll des Scherzo auf, was durch das reine C-Dur des Trio nach dem Menuett noch unterstrichen wird. Das Finale knüpft unmittelbar an die Aussage des Kopfsatzes an und steigert sie noch um die Dimension des Wilden. Man könnte sich hier durchaus den Zusatz "pathetique" denken.

Nach dieser musikalisch geleisteten Eleganz mit lyrischen und dramatischen Interpretationsakzenten ahnt schon der Zuhörer, dass sich der emotionale Sturm endgültig nähert. Johannes Brahms’ 2.Klaviertrio in C-Dur op. 87, 1880-1882 in Bad Ischl (warum eigentlich nicht in Bad Mergentheim?) komponiert, hatte seine erste Aufführung mit dem Komponisten am Klavier am 29. Dezember 1882 in Frankfurt am Main. Es ist in der Formbildung und thematischen Arbeit ein kunstvolles Stück mit äußerst verhaltenem, aber stark verinnerlichtem Ausdruck. Charakteristisch ist, dass beide Mittelsätze in Moll stehen und dass Brahms in den Ecksätzen den sonst traditionellen C-Dur Glanz durch ständige Verschleierung der Grundtonart vermeidet.

Das Werk fordert in hohem Maße Virtuosität und Engagement der Musiker, was vom "Georg Schumann Trio" voll eingelöst wird. Aber auch die Zuhörer sind gefordert die sich ständig verändernde Thematik, die von energisch bis zart und sogar durch Triolenrhythmen und Chromatik in ungarischem Gewand erscheint, zu verstehen. Selbstverständlich intensiver wohlverdienter Applaus vor der kurzen Atempause in der noch heißer gewordenen Atmosphäre...

Dann "attacca" Georg Schumanns 2. Klaviertrio op. 62 in F-Dur. Georg Alfred Schumann (1866-1952) war 2. von 12 Kindern des Stadtmusikdirektors Clemens Schumann in Königstein in Sachsen. Begegnungen mit Franz Liszt, Anton Rubinstein, Johannes Brahms, Gustav Mahler u.a. befruchteten nach und nach Schumanns künstlerische Entwicklung. Bereits bei der Uraufführung des F-Dur Klaviertrios wurde die reiche Farbpalette des Tondichters gerühmt. Melodienfrohe Lebensbejahung ist hier der Grundgedanke. Heiterkeit, Fröhlichkeit, Witz und gute Laune treiben in den Ecksätzen ihr neckisches Spiel.

Empfindsamere Töne schlägt das Adagio con passione an, das Allegro-Scherzo leuchtet im fast südländischen Kolorit. Reizvolle Klangwirkungen stempeln diesen graziösen Satz zu einem leicht eingängigen Intermezzo, wie überhaupt das ganze Werk stets auf ein entgegenkommendes Verständnis rechnen darf. Die feinsinnige, humorvoll angespannte Rede - Gegenrede zwischen den Instrumenten verwirrt an manchen Stellen den Zuhörer, dessen Konzentration und emotionale Kraft bis an die Grenzen eingeschaltet werden müssen. Im wirbelnden Reigen mit witzigem Geist schließt dieses spätromantische Werk. Ein Orkan in Tönen voll feurigem Schwung als Höhepunkt der vom "Georg Schumann Trio" geleisteten Arbeit: Volker Burkhart fein und ausdrucksvoll, Birgit Förstner mutig und leidenschaftlich, Christoph Weinhart frisch und energisch. Und dabei eine dynamische Koordination, die überzeugt hat.

Langer Applaus als Echo zu diesem musikalischen Ereignis und eine sublime Zugabe (Andante von Edward Grieg) als Erlösung und Erinnerung an einen heißen Abend in der Wandelhalle. dp

 

© Fränkische Nachrichten – 28.07.2003